29.05.2024 , 14:52:00 Uhr - Information - lg

Der Abschied einer Legende

Hans Lindberg steht vor seinem letzten Heimspiel. Hans Lindberg steht vor seinem letzten Heimspiel.

An der Siebenmeterlinie kaum wegzudenken: Hans Lindberg. An der Siebenmeterlinie kaum wegzudenken: Hans Lindberg.
Mit Hans Lindberg verlässt einer der ganz Großen die deutsche Bundesliga. Im Interview blickt der 42-Jährige auf seine persönlichen Highlights in den vergangenen 17 Jahren zurück, erzählt, was er an Berlin besonders vermissen wird und verrät, woran er an der Siebenmeterlinie denkt.

Das Palmarès von Hans Lindberg könnte beeindruckender kaum sein: Neben jeweils zwei Welt- und zwei Europameistertiteln mit Dänemark sorgte der Rechtsaußen in den vergangenen 17 Jahren in der deutschen Bundesliga für Furore. Unter anderem gewann er mit dem HSV Hamburg 2010 den DHB-Pokal, 2011 die Deutsche Meisterschaft und 2013 die Champions League, bevor es ihn 2016 aufgrund der Insolvenz des HSV zu den Füchsen Berlin zog. Mit den Hauptstädtern feierte Lindberg 2018 sowie 2023 den Sieg im EHF-Pokal beziehungsweise der European League, gewann 2016 den IHF Super Globe und qualifizierte sich zuletzt mit den Berlinern als Vizemeister für die Champions League.

An der Siebenmeterlinie ist der Däne kaum wegzudenken: Insgesamt 3099 Tore netzte er in seinen 17 Bundesliga-Saison ein, davon 1490 vom Siebenmeterpunkt. Seit dem 20. Mai 2023 darf sich der Däne erfolgreichster Torschütze der Ligageschichte nennen. Und Ende 2023 gelang ihm ein weiterer Rekord: Als erster Profi überhaupt erzielte Lindberg 3000 Bundesliga-Tore. Nachdem er mit dem Auswärtsspiel am Sonntag beim ThSV Eisenach sein 500. Bundesligaspiel bestreiten wird, ist es an der Zeit, Abschied zu nehmen – denn es zieht den 42-jährigen Rekordjäger zurück in seine Heimat. Ab kommender Saison steht Hans Lindberg in Dänemark bei seinem Heimatverein Håndboldfællesskabet Ølstykke-Jylling im Einsatz – einerseits als Spieler, andererseits wird er die Funktion des Sportdirektors übernehmen. Im Interview mit der Füchse-Medienstelle lässt er die vergangenen Jahre nochmals Revue passieren und erzählt von seinen neuen Aufgaben.

Du darfst auf eine beachtliche Karriere zurückblicken. Wie geht es dir mit Blick auf deine letzten Spiele bei den Füchsen?
Hans Lindberg: Für mich ist es ein ganz komisches Gefühl – das ist viel zu früh gekommen, die Zeit ist viel zu schnell vergangen. Auf einmal stehen wir kurz vor dem letzten Heimspiel. Ich hatte mich lange darauf vorbereiten können. Es sind auf jeden Fall sehr viele Emotionen dabei – bei mir und meiner Familie, die lange Zeit in Berlin wohnten. Dem Abschied blicke ich mit Wehmut und gleichzeitig auch mit Stolz entgegen, dass ich das Füchse-Trikot die letzten acht Jahre lang tragen durfte. Ich weiß noch gar nicht, wie ich damit umgehen soll.

Was waren deine persönlichen Highlights während den acht Jahren in Berlin?
Lindberg: Wenn ich auf die letzten achteinhalb Jahre zurückblicke, sind es sicher die Titel, die dabei waren. Darunter die beiden EHF-Cupsiege in Flensburg und Magdeburg. Das sind große Highlights, bei denen man als Mannschaft etwas erreicht hat, das man sich vorgenommen hat.
Für mich war es aber jedes Mal ein Highlight, in die Halle zu kommen – bei jedem Spiel. Wer es nicht geil findet, vor 9000 Zuschauerinnen und Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle zu spielen – der soll mal aufhören damit. Da gibt es nie ein „normales“ Spiel, das alles ist gar nicht selbstverständlich für mich. Ich habe jedes Mal Gänsehaut, bevor es losgeht. Ich fühle mich privilegiert, dass ich das alles tun durfte, hier in Berlin und davor in Hamburg. Da träumen viele davon – und ich durfte es leben.

Wie hat dich deine Zeit bei den Füchsen als Spieler und als Person geprägt?
Lindberg: Was mich am meisten geprägt hat, ist das Leben in Berlin. Ich habe gerade erst mit meiner Frau darüber gesprochen – wir haben uns verändert in der Zeit, in der wir in Berlin waren. Das prägt einen, in so einer Stadt zu leben. Sportlich habe ich immer versucht, eine tolle Leistung zu zeigen, voranzugehen und Verantwortung zu übernehmen. So, dass sich die jungen Spieler, der Verein und die Zuschauer auf mich verlassen konnten.

Mit 42 Jahren noch auf diesem Niveau Handball spielen zu können, ist nicht selbstverständlich. Wie hast du dich fit gehalten?
Lindberg: Ich bin älter und teilweise auch klüger geworden. Ich habe über die Jahre gelernt, auf meinen Körper zu hören. Das heißt manchmal auch, sich Zeit zu nehmen, um zu regenerieren und auch mal nicht zu trainieren. Ich musste für mich herausfinden, wie ich am Spieltag mein Optimum rausholen konnte. Aber die größte Motivation ist mental: Sich kleine Zwischenziele setzen, so etwas zu erreichen und sich weiterzuentwickeln – ob persönlich oder als Mannschaft. Mit der Zeit musste ich auch darauf achten, was ich esse – ich kann nicht mehr wie früher alles und in so großen Mengen essen.

2007 hast du für den HSV Hamburg dein Debüt in der Bundesliga gegeben, 2016 bist du nach Berlin gewechselt. Erinnerst du dich noch daran, was den Ausschlag für deine Entscheidung gegeben hat, und was hat dich so lange in der Hauptstadt gehalten?
Lindberg: Es war eine komische Zeit damals mit der Insolvenz von Hamburg. Ich erinnere mich noch genau: Ich war mit der Nationalmannschaft in Polen an der EM – und dann bekam ich die Nachricht. Bereits damals hatte ich einen guten Eindruck von den Füchsen und von der Halle, kannte jedoch alles nur von den Auswärtsspielen.
Mich reizte die Versuchung, in einer Metropole wie Berlin zu leben. Ich habe mich immer wohlgefühlt hier – meine Familie hat sich hier eingelebt, meine Kinder kennen nichts anderes als Berlin. Von daher war es nie wirklich Thema, den Verein nochmal zu wechseln. Auch habe ich mich immer respektiert gefühlt – das habe ich sehr geschätzt.

Seit dem 20. Mai 2023 bist du der erfolgreichste Torschütze der Ligageschichte, Ende Dezember konntest du als erster Profi die 3000-Tore-Schallmauer durchbrechen. Was bedeuten diese Rekorde für dich?
Lindberg: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass er mir nichts bedeutet. Es ist eine Auszeichnung, die zeigt, dass ich über viele Jahre eine gute Leistung auf einem konstanten Niveau gezeigt habe. Bei beiden Vereinen hier in Deutschland war ich immer ein wichtiger Teil des Ganzen. Als Außen bin ich abhängig davon, dass ich entweder die Siebenmeter werfe oder Anspiele von meinen Mitspielern kriege. Es ist ein Titel, der zu einem kleinen Teil mit der persönlichen Leistung zu tun hat – und zu einem großen Teil mit der Mannschaft, den Trainern und den Verantwortlichen, die mir das Vertrauen gegeben haben und an mich geglaubt haben. Ich hätte nie gedacht, dass ich über 3000 Tore schaffen würde – das ist eine absurde Nummer. Ich bin natürlich sehr stolz darauf.

Was denkst du, wenn du an der Siebenmeter-Linie stehst?
Lindberg: Was denke ich da… zuerst denke ich, dass ich ein Tor machen will – und davon bin ich immer überzeugt. Aber dahinter liegt viel Vorbereitung. Ich bereite mich vor dem Spiel auf jeden Torhüter vor und mache mir Ideen davon, wie ich erfolgreich sein kann. Ob es Würfe von anderen Gegnern sind oder eigene Würfe aus früheren Spielen – da liegt schon ein bisschen Vorarbeit dahinter.
Viele Leute sprechen mich immer auf die Routine an, die ich habe. Das ist für mich ein kleiner Trick, um mir ein bisschen Zeit zu schaffen. So bringe ich den Puls runter und den Kopf klar. Da überlege ich, wie der Torhüter wohl reagiert und welches der beste Wurf werden kann. Auf jeden Fall gehe ich jedes Mal positiv ran und sage mir, dass ich ein Tor mache.

2003 liefst du erstmals für die dänische Nationalmannschaft auf und durftest unter anderem zwei Europa- und einen Weltmeistertitel feiern. Welche Bedeutung hatte es in deiner Karriere, das Nationaltrikot so viele Jahre lang zu tragen?
Lindberg: Das bedeutet mir sehr viel. Es war immer ein Ziel, dass ich während meiner Karriere ein Teil der Besten in meinem Land sein kann und bei großen Turnieren dabei sein und etwas gewinnen kann.
Dazu gehören auch die Freundschaften und Erlebnisse mit den Mitspielern, die in der Nationalmannschaft entstanden sind. Ob Erfolge oder Niederlagen – beides ist Teil davon, mich als Mensch zu formen. Ich stehe jetzt genau vor meinem 300. Spiel für Dänemark.

Im Sommer gehst du nach Dänemark zurück und wirst dort Sportdirektor bei deinem Heimatverein Håndboldfællesskabet Ølstykke-Jylling – ein Zweitligist, der in die 1. Liga aufsteigen will. Was wird dort deine „Aufgabe“ sein und wie blickst du deiner neuen Rolle entgegen?
Lindberg: Genau, ich gehe zurück zu meinem Kindheitsverein in meine Heimat. Meine Eltern wohnen dort immer noch etwa 800 Meter von der Halle entfernt. Ich werde ein oder zwei Jahre als Spieler dort sein – gleichzeitig und danach werde ich dort als Sportdirektor eingesetzt. Meine Aufgabe wird es sein, Sponsoren zu finden, um den Verein weiterzuentwickeln – sportlich, aber auch geschäftlich. Ich muss dafür stehen, den roten Faden in den Verein zu bringen und ihn mit meinen Erfahrungen zu professionalisieren.
Als ich dort war, war es ein Amateurverein in der vierten Liga – jetzt ist es die Ambition des Clubs, ein Topverein in Dänemark zu werden. Ich hätte niemals gedacht, dass das in meinem Kindheitsverein möglich ist. Auf diese Herausforderung freue ich mich riesig.

Was wirst du meisten vermissen an Berlin?
Lindberg: Vieles. Alles. Ich werde die Stadt vermissen. Ich habe so viele tolle Menschen kennengelernt hier – durch den Verein, Fans, Spieler, privat oder über meine Kinder. Ich werde das Leben und den Puls hier vermissen, die Vielfalt und all die Möglichkeiten. Berlin wird immer in unserem Herz stecken. Und zum Glück ist es weniger als eine Stunde Flugzeit nach Berlin.

Welche Ratschläge würdest du jungen Spielern geben, die ihre Karriere bei den Füchsen beginnen?
Lindberg: Was man aus meiner Sicht lernen muss: Dass es nicht immer rund läuft und nicht immer alles positiv ist. Es gibt nicht nur Siege und persönliche Erfolge. Und schlussendlich sind es genau die Niederlagen, aus denen man am meisten lernt. Man muss darüber sprechen, evaluieren, den Grund suchen und sich überlegen, was man besser machen kann. Wenn man mental nicht sicher ist, dann kann man das mit Training kompensieren. Training kommt vor Talent, Ehrgeiz ist sehr wichtig. So kann man aus schlechten Phasen besser rauskommen.

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