Wie viel auf dem Spiel stand, zeigte die Auszeit-Ansprache von Füchse-Trainer Jaron Siewert wenige Sekunden vor dem Ende der Partie. Die Berliner hatten bei One Veszprém HC die Führung aus der Hand gegeben, bekamen aber den letzten Angriff. Als der Coach seine Truppe zusammensammelte, sagte er: „Wir müssen gewinnen.“ Angestachelt von den Worten Siewerts traf der beste Werfer Tim Freihöfer (neun Tore) mit der Schlusssirene zum 33:32-Sieg. Diesen hatte der deutsche Vizemeister benötigt, um die letzte Chance auf den direkten Viertelfinal-Einzug zu wahren. Im späteren Spiel muss nun Sporting CP bei Orlen Wisla Plock verlieren, damit die Füchse Lissabon von Platz zwei verdrängt.
In einer turbulenten Begegnung hielt der Tabellenzweite der DAIKIN Handball-Bundesliga dem Druck in der One Veszprém Arena stand. Nach einem famosen Start, für welchen die Serben Dejan Milosavljev und Mijajlo Marsenic sorgten, kam der ungarische Kontrahent immer wieder heran, doch die Deutschen konnten immer wieder davonziehen. In der Schlussphase wurde es immens dramatisch, doch die Füchse entführten die zwei dringend benötigten Punkte am 14. und letzten Gruppenspieltag der Machineseeker EHF Champions League.
Ehe die Gastgeber, die den Anwurf um 18.45 Uhr ausführten, ihren ersten Treffer verbuchen konnten, kamen sie sechs Minuten lang nicht am stark startenden Dejan Milosavljev im Tor der Füchse Berlin vorbei. Zwei Paraden und viel Aura gegen Aron Pálmarsson und Nedim Remili, zudem auch ein Pfostentreffer beim Siebenmeterversuch durch Hugo Descat, ließen die Gäste zunächst die Oberhand gewinnen. Der zweite Serbe im Verbund des deutschen Vizemeisters, Kreisläufer Mijajlo Marsenic, markierte die ersten drei Treffer der Partie. Auf das 3:0 für die Füchse meldeten sich die Gastgeber von One Veszprém HC allerdings zurück, sodass es nach acht Minuten zum 4:4-Ausgleich kam.
Unter anderem mit Toren der beiden Außenspieler Tim Freihöfer und Hakun West av Teigum konnten die Berliner wieder drei Tore davonziehen. Ersterer erhöhte dann auf 10:6 (18.). Einen weltmeisterlichen Kempa zeigten daraufhin die Dänen Mathias Gidsel und Lasse Andersson, Letzterer vollendete zum 11:7. Mehrere Ungenauigkeiten führten dazu, dass die Ungarn – auch dank eines Doppelschlags des Ex-Fuchses Bjarki Mar Elisson – nach gut 20 Minuten erneut ausgleichen konnten zum 11:11. Wiederholt die Serbien-Kombination „Tor Marsenic/Parade Milosavljev“ ermöglichte, dass Gidsel vier Minuten vor der Halbzeit auf Plus zwei stellen konnte. Doch Veszpréms Ausgleich ließ nicht lange auf sich warten. Vom Strich aus erzielte Freihöfer seinen sechsten Treffer und besiegelte wenige Sekunden vor dem Seitenwechsel den 16:17-Pausenstand.
Den zweiten Durchgang eröffnete av Teigum mit der ersten Aktion, trotz früher Unterzahl blieben die Berliner auf Kurs. Nachdem Freihöfer Veszprém-Keeper Mike Ulrich Jensen beim Strafwurf quasi austanzte und Milosavljev einmal mehr parierte, stellte Andersson auf 22:18 (36.). Eine vogelwilde Phase mit Ballverlusten auf beiden Seiten und einem Lattenknaller von Andersson überstanden die Füchse gut und gingen durch Fabian Wiede eine Viertelstunde vor dem Spielende mit 25:21 in Führung. In erneuter Unterzahl nahm Milosavljev einen freien Wurf von Luka Cindric weg.
In der 45. Spielminute machte Freihöfer von Linksaußen den ersten Fünf-Tore-Vorsprung klar. Unterkante Latte und drin das Ding galt dann für Matthes Langhoff, der diese Bilanz wiederherstellte. Während Lichtlein nach fragwürdiger Entscheidung zwei Minuten auf der Bank Platz nehmen musste, kam der ungarische Rekordmeister bis auf zwei Treffer heran. Zum Abschluss der Partie drehte der Welthandballer Gidsel, der erneut zur Wahl steht, vor allem aber noch einmal auf. Nichtsdestotrotz kam Veszprém wieder zum Gleichstand, Casper Marguc traf eine halbe Minute vor der Schlusssirene vom Strich aus. Das letzte Wort hatte aber der beste Werfer der Füchse: Tim Freihöfer beendete den finalen Angriff mit seinem Abschluss zum 33:32-Endstand.
Trainer Jaron Siewert: „Wir sind unglaublich glücklich und zufrieden mit unserer Leistung. Es ist nie einfach, in Veszprém zu spielen und zu gewinnen. Für uns als Team und Verein ist es ein historischer Moment. Wir haben in der ersten Halbzeit sehr gut gespielt, hatten alles unter Kontrolle. Bis zur Halbzeit hat Veszprém aber noch einmal Gas gegeben und ausgeglichen. Wie wir die zweite Hälfte gestartet haben, war super. Wir haben Druck gemacht, auch wenn wir Probleme hatten, das Sieben-gegen-Sechs zu verteidigen. Wir haben die Köpfe nicht hängen lassen und bis zum Ende gekämpft. Am Ende war es so knapp wie beim Hinspiel in Berlin, aber diesmal haben wir gewonnen.“
Kreisläufer Mijajlo Marsenic: „Wir sind extrem happy und stolz darauf, wie wir heute gespielt haben. In Veszprém zu gewinnen, ist unglaublich schwierig. Wie wir heute gespielt haben, war überragend. Ich denke, wir haben den Sieg verdient. Es war ein Privileg, vor diesen Zuschauern zu spielen. Wenn wir spielen wie heute, habe ich vor keinem Gegner Angst, egal ob wir in den Playoffs spielen oder nicht.“
One Veszprém HC: Corrales Rodal (5 Paraden), Jensen; Grahovac, Descat (2), Sandell, Elisson (2), Ligetvári, Marguc (5), Cindric (3), Remili (3), Pálmarsson (4), Pechmalbec (4), Vailupau (2), Casado Marcelo (3), Fabregas (2), Kosorotov (2).
Füchse Berlin: Ludiwg, Milosavljev (10 Paraden); Wiede (1), Darj, Prantner, Štrlek, Andersson (8), Lichtlein, Gidsel (5), Freihöfer (9), Pichiri, Langhoff (1), Beneke, Herburger, av Teigum (2), Marsenic (7).